Predigt zum Sonntag Quasimodogeniti in der Christuskirche in Trostberg am 11.April 2021

Predigttext: Joh 21, 1-14

Und Katharina und Carl und Martin und Annette und Klaus standen zusammen. Standen beieinander, wie gewohnt mit Abstand. Einer holt Bier von der Tankstelle um die Ecke und keiner hat Lust es zu trinken. Selbst gezapft schmeckt sowieso besser. Der Mut war ihnen ausgegangen und irgendwie auch die Kraft, mit dem Bier auch noch positive Stimmung zu verbreiten.  Sowas wie Aufbruch oder Trotz oder irgendwas. War jetzt auch schon egal. Jemand räumte gerade noch die Abstellkammer leer und stapelte die Getränkekisten. Bis vor zehn Minuten waren sie noch sowas wie eine Familie, eine Restaurant-Familie. Jetzt waren sie Ex-Kollegen und das Restaurant gab es nicht mehr. Es ist kalt und der Himmel sieht nach Morgengrauen aus. Keiner geht und alle sind eigentlich innerlich schon gegangen. Keiner kann aufbrechen, weil dann alles vorbei wäre.

Wenn jetzt einer käme der sagen würde, es gibt noch eine Chance, sie würden ihn auslachen. Und es kommt auch keiner. Sowas gibt es nur in der Bibel und im Märchen. Kommt einem ja manchmal auch wie dasselbe vor. 153 Fische, obwohl das Netz vorher leer war geht nicht und ein Restaurant, das Konkurs angemeldet hat, eine Firma, die Mitarbeiter entlassen muss, eine Zeitarbeitsfirma, die den Vertrag nicht verlängert – da gibt es kein zurück und keine zweite Chance. Da kommt keiner im hellen Gewand, engelsgleich und zaubert die Netze voll.

Ich finde, das ist eine harte Erkenntnis: Dass niemand mir mein Netz voller Fische vollzaubert. Dass niemand mir mein Kreuz abnimmt. Und dass mir niemand sagen kann, wie genau das geht mit dem „trotzdem wieder rausfahren auf den See“. Das steht in der Geschichte doch irgendwie nicht, oder? Woher wissen sie, dass sie auf den See fahren können? Woher der Mut?

Es gibt eine Sache, die ich noch schwieriger glauben kann als die Auferstehung – diesen Mut. Dieses Vertrauen in volle Netze. Das Vertrauen in ein Leben mit vollen Netzen. Trotz allem. Trotz der Enttäuschung, trotz meiner Tränen, trotz meiner Schuld.

Ostersonntag strahlt und ruft Halleluja, er ist auferstanden. Aber dann? Dann muss sich diese Freude doch erstmal beweisen. Vom Himmel auf die Erde zurückkommen. Den Boden der Tatsachen berühren. Und genau das ist das Schwierigste am Glauben. Und am Leben überhaupt. Der Moment, wo das Schlimmste hinter Dir ist und Du trotzdem nicht weißt, wie es weitergehen soll. Es könnte noch schlimmer werden. Es könnte wehtun. 

Aber gleichzeitig steht man vor dem Feuer und es ist kein Essen da. Und man braucht doch den Fisch. Und man steht vor den Scherben und braucht doch einen neuen Weg. Irgendeinen. Und es gibt ihn. In der Geschichte gibt es ihn. Das Netz auswerfen ist der Weg. Sagen „es ist Gott, der da steht und sagt „Geh ins Wasser. Wirf Dein Netz aus.“ 

Wirf Dein Vertrauen aus. Dein Vertrauen in das Morgengrauen. Auch wenn Du Dir dabei selbst am meisten im Weg stehst. Wegen Deiner Schuld und wegen Deiner Angst.

Und der Weg in das Neue, ins Wasser zu den vollen Netzen, der führt mitten da hindurch.  Auf dasselbe Boot, das gerade nichts gefangen hat. Die Jünger gehen auf dasselbe Boot zurück, mit dem sie keinen Erfolg hatten. Und sie fahren wieder raus. Und wir müssen es genauso tun.

Mit uns selbst weitermachen. Jemand anders sein können wir nicht. Auch nicht nach der Auferstehung. Wenn es heißt, dass die Auferstehung so etwas wie ein neues Leben bringt und der Sonntag heute der Sonntag der neugeborenen Kinder ist, dann heißt das nicht, dass alles Alte weg ist und wir ohne das alles weitermachen können. Nein, man sieht das Kreuz noch und man spürt es noch. Und der Weg nach vorne geht durch uns hindurch. Das muss man erstmal so annehmen. Hinnehmen. Unser Leben annehmen. Und das heißt auch aufzuhören mit den Selbstvorwürfen. Zu versuchen, sich vorzustellen, wie es wäre, sich selbst zu vergeben. Die Vergebung der Schuld zu leben, von der es heißt, Jesus Christus hätte sie für uns auf sich genommen. Das Kreuz liegt hinter uns. Und vor uns der See. Das weiße Kleid anziehen. Und Frieden mit dem Leben schließen. Mit uns selbst. Weiter wie bisher, aber anders. Mit dem leisen Glauben daran, dass es Gott ist, der sagt „Wirf Dein Netz aus. Wirf Dein Vertrauen auf mich.“

Aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden. (Aus der heutigen Lesung aus Jes 40)

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