Predigt am Sonntag Kantate am 2.Mai 2021 in der Christuskirche Trostberg mit Lieblingsliedern der Gemeinde

Als ob es der erste Morgen wäre. Als ob es das erste Lied der Amsel wäre. Ich feier den Morgen, ich feier ihr Lied.Denn beides besingt das Neuwerden der Welt.

So ungefähr singt Cat Stevens. Das erste Lied der Amsel. Das klingt so weit weg. Aber wissen Sie noch, wie es klingt, wenn man so spät nach Hause kommt, dass es eigentlich schon wieder ganz früh ist? Und dann hört man die ersten Vögel singen? Und der neue Tag ist da, bevor es richtig hell ist? Und obwohl man selber noch ganz von der Nacht umfangen ist? So ist das Singen – es bringt den Morgen in meine Nacht.Es lässt neu anfangen, wo das Alte noch nicht vorbei ist.

Und ich singe und ich höre so viele Lieder in meinem Leben und ausnahmsweise, das mache ich nur sehr selten, sage ich: wir alle hören viele Lieder in unserem Leben. Auch wenn Sie nicht gern Musik hören – es singt in uns. Die Einschlaflieder von früher – das zählt auch auf Platte oder auf CD übrigens – meine Mutter konnte z.B. nicht singen -, die bis in meinem Traum reichen: müde bin ich geh zur Ruh, schließe meine Augen zu. Vater lass die Augen dein über meinem Bette sein. Und fast noch schöner, die letzte Strophe: Müden Herzen sende Ruh, nasse Augen schließe zu. Lass den Mond am Himmel stehn und die stille Welt besehn. So viel Loslassen können und sein lassen am Abend, dass ich von der Welt lassen kann. Und ich bleib stehen oder sitzen oder liegen. Jetzt und hier. Das Beschreiben viele Lieder, genau dieses sein lassen, zum Beispiel auch hier:

Du spürst das Gras. Hier und da bewegt sich was. Es macht dir Spaß. Nein, es ist nicht nur das Denn nach dem Öffnen aller Türen. Steht am Ende der Trick des Endes. Der Suche durch das Finden im Augenblick. Du atmest ein, du atmest aus. Dieser Körper ist dein Haus. Und darin kennst du dich aus. Du lebst.

Es ist wie ein Tag am Meer, singen Fanta 4. Das Jetzt und Hier. Das Singen und die Musik und wie es singt in uns: Ich glaube wir suchen darin den Frieden des Jetzt und Hier ohne die Vergangenheit und die Zukunft ganz vergessen zu müssen. Jetzt und hier höre ich meine Stimme und sie singt und ich bin lebendig. Aber genau in diesem Lied hör ich doch auch alles, was mal war und das, was noch kommt. Gib uns deinen Frieden, Gott – der Kanon verspricht 4 Stimmen und in allen bin ich und suche den Frieden und das Schöne ist: Nicht am Ende klingt der Kanon nach Frieden, sondern mittendrin, wenn alle 4 Stimmen sich miteinander versingen. 

Die Musik hält den Frieden aus, ohne zu vergessen, dass es anders war und anders sein könnte. Musik lässt mich sein und weiß trotzdem, dass es etwas ganz anderes gibt. Manche nennen das Offenbarung. Das ganz Andere. Gott. Ewiges Leben. Heiliges Leben. 

Vielleicht sind die Psalmen ja deshalb gesungene Gebete: Sie singen zu Gott, zum ganz Anderen. Flehen Gott um das ganz Andere an: Dass er erlösen soll und Schutz bringen und Feinde und Angst vertreiben. Tränen wegwischen soll. Ein ganz anderes Leben bringen. Und genau so singen die Psalmen von der Seele, die zerbrochen ist und wie ein Krug, den man bis oben hin mit Tränen füllen kann. Geh doch aus mein Herz, sagen die Psalmen. Hoffe und wünsche und bete, mein Herz. Geh aus und suche.

Wenn man es beten nennt, dass man sein lassen will und gleichzeitig voller Hoffnung ist, dann betet Dein Herz, wenn Du singst. Wenn man es beten nennt, dass man sein lassen will und gleichzeitig zurück schaut und immer zurück und die Schuld doch eigentlich immer noch weh tut, dann betet Dein Herz wenn Du singst.

So wie unser Herz das aushält, das immer beides da ist. So wie die Musik das aushält, dass immer beides da ist. So hält Gott es auch aus. Dass ich ganz hier bin. Und trotzdem zurückschaue und trotzdem hoffe. 

Gib mir Musik, um mir ein Feuer anzuzünden, um die dunklen Tiefen meiner Seele zu ergründen. Meine Lust und meine Schmerzen, Narben, die ich mir selbst verschwieg. Gib mir Musik. Gib mir Musik, wenn ich vor lauter Schmerz keine Töne mehr ertragen kann. 

Gib mir Musik in verrauchten Bars und beim Tanzen mit Dir, Körner an Körper. Gib mir Musik im Auto, wenn ich vor mir selbst davonfahren will. Gib mir Musik. Das Leben bräuchte Hintergrundmusik wie im Kino, oder? Damit ich das, was in diesem Moment da ist, noch besser spüren kann.

Alles was da ist und noch mehr. Das Mehr meiner Seele, alles das, was nicht aufgeht im Hier und Jetzt. Musik kann Dich weiter sprechen, dich zu jemand anderem machen. Zu der Frau auf der Bühne, zu dem Mann am Klavier.Gib mir Musik, dass ich jede verlorene Chance noch einmal krieg. Gib mir den Schutz vor dem Bösen. Gib mir deinen Frieden,

Gott, lass mich wieder singen, wenn meine Stimme bricht. Gott, spiel mir das Lied meines Lebens.

Oder meines Tages. Sag mir, wie lieblich ist der Maien, wie schön ist es irgendwo hinter dem Regenbogen. Sag mir, dass ich mich am Leben festlieben kann. Dass man weinen kann vor Glück. Gott, sing mit mir von der anderen Wirklichkeit. Von früher und von jetzt und von morgen. Ich will Deine Ewigkeit in mir singen lassen. Amen.

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