Eine Taufpredigt.
Manchmal darf man als Vikarin ja Kinder von FreundInnen taufen. Durfte ich jetzt sogar schon zweimal. Letztes Jahr den kleinen Max (Name geändert). Und ich finde, seine Eltern haben sich einen der schönsten Taufsprüche überhaupt ausgesucht:
Du stellst meine Füße auf weiten Raum. (Psalm 31,9)
So klein und unschuldig, wie Max jetzt da liegt/sitzt/kuschelt so
klein ist der doch gar nicht mehr! Der hat in seinem kurzen Leben schon ganz schön viel erlebt! Wie viele km der schon kreuz und quer durch Deutschland gefahren ist! Mit ein paar Wochen schon mit seiner Mama im Zug unterwegs…bei den Großeltern zu Besuch, Tanten und Onkels besucht…und behält dabei auch noch meistens seine gute Laune bei und hat die Ruhe weg! Das ist doch beneidenswert! Mit ganz viel Urvertrauen, habt ihr gesagt, schaut Max in die Welt. Und dass es eigentlich genau das ist, was ihr wollt, dass er bewahren kann.
Urvertrauen. Ein Blick in die Welt, der erstmal sagt: Hey, ich schau mir das hier jetzt mal
an, aber das, was ich sehe, das finde ich schon mal ganz gut. Mama und Papa, die mich
lieben und umsorgen. Großeltern, die sich um mich reißen. Und noch dazu: Eine ganz
große Welt, die nur darauf wartet von mir erobert und entdeckt zu werden und
ehrlich gesagt, Max, wenn Deine Eltern ihre Sabbatical Pläne
erstmal mit Dir auf dem Rücken umsetzen dannwirst Du ganz schön viel sehen von dieser Welt! Um mit einem solchen Urvertrauen in die Welt zu gehen, dafür wollt ihr beide Max Wurzeln geben. Ihr wollt ihm ein Zuhause geben, in das er immer wieder kommen kann wenn der Wind ihm mal ein bisschen zu scharf um die Nase weht. Wenn die Türen im Leben mal quietschen, oder ihm sogar vor der Nase zugeschlagen werden. Dann wird Eure Tür weit offen stehen und ohne groß zu fragen, werden es Eure Hände sein, die ihn halten wollen.
Fest verwurzelt sollst Du sein, lieber Max. In der Liebe Deiner Familie und der Zuneigung Deiner Freunde. Und gleichzeitig, das werden Deine Eltern auch bald merken, wirst Du irgendwann sagen: „So, vielen Dank für den guten Service, auch gastronomisch gar nicht schlecht aber jetzt, geh ich mal alleine los.“ Und weg wird er sein. Am Anfang vielleicht nur für ein paar Stunden in der Kita. Aber dann! Klassenfahrt, Round the world ticket bei den Genen wäre es kein Wunder! Die Freiheit, sie wird nach Salz und Meer schmecken. Vielleicht auch nach Rauch, Dieselöl und Asphalt. Oder nach Blumenwiesen und Pommes rotweiß. Eigentlich egal sie wird auf jeden Fall unglaublich gut schmecken. Und die Luft, sie wird unter Deine Arme fahren und Dich weit hinauf heben über Deine eigenen Grenzen hinaus. Über die bereits geteerten und geebneten Wege hinaus. Vielleicht wirst Du über Deinen eigenen Tellerrand schauen und Menschen begegnen, die das Leben ganz anders sehen als Du. Vielleicht werden sie Dich faszinieren und begeistern. Und vielleicht wirst Du, Max, jemand werden, der selber begeistert und mit Freude in die Welt schaut so wie Du es eigentlich auch heute schon tust.
„Du stellst meine Füße auf weiten Raum“
diesen Taufspruch haben Eltern für Dich
ausgesucht. Von dem weiten Raum in dieser Welt habe ich grade erzählt vielleicht
haben Sie an ferne Länder gedacht, an all die Wege, die Max gehen wird. Aber der weite Raum, das ist das und noch viel mehr. Das ist eine Freiheit, die von Gott geschenkt ist. Das ist eine Freiheit, die ihren Grund hat in der Liebe Gottes, die wir bedingungslos nennen. Das ist eine Freiheit im Kopf und im Herzen. Denn den weiten Raum, den glaube ich, den brauchen wir vor allem hier drinnen. Hier drinnen, wo wir es uns selber oft ganz schön eng machen. Mit dem, was wir meinen, tun zu müssen. Mit dem, was wir meinen, glauben und denken zu müssen. Wir machen uns eng und klein in uns drinnen. Wir haben Angst vor unseren Gefühlen und Hoffnungen, weil sie so stark sind, dass wir manchmal Angst haben, wir müssten sie im Zaum halten. Manchmal mauern wir uns selber ein in unsere Vorstellungen von einem guten und richtigen Leben. Manchmal machen wir uns klein, weil es uns so gefährlich erscheint, größer zu sein, freier zu sein.
Aber in genau dieser Freiheit, die uns groß macht, schön und stark, in der sollen wir leben, wenn wir in Gottes Geist leben. Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit. Eine Freiheit, die uns nicht ins Bodenlose fallen lässt. Die uns aber auch nicht kleiner macht, als wir sind. Auf weiten Raum stellst Du Gott, unsere Füße. Aufrecht und frei sollen wir stehen in Deiner Welt. Zu Gottes Ebenbild sind wir geschaffen, das heißt nichts anderes als: Zur Freiheit sind wir gerufen. Eine Freiheit, die auch noch offen ist für Träume, haben wir vorher in dem Lied gesungen. Du stellst meine Füße auf weiten Raum. Das ist ein Bekenntnis zu einem Gott, der mich nicht klein hält, der mich nicht niederdrückt. Das ist ein Bekenntnis zu einem Gott, der mir das Leben in all seinen Farben zeigen will, in all seiner Kraft und in all seinen Jahreszeiten.
Du stellst meine Füße auf weiten Raum das ist ein Bekenntnis zu einem Gott, der bei Dir sein will, Max, egal auf welchen Ort in der Welt Du Deine Füße stellen willst. Und der bei Dir sein will, egal, worum sich Deine Gedanken und Ziele gerade drehen, der bei Dir sein will, auch wenn Du gerade ganz weit weg bist von Dir selbst.
Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und Deine Rechte mich halten. Spräche ich, Finsternis möge michdecken und Nacht statt Licht um mich sein so
wäre auch Finsternis nicht finster bei Dir
und die Nacht leuchtete wie der Tag.
Lieber Max, so ein Gott ist unser Gott. Einer, der die Nacht zum Tag macht, einer der
Dich trägt und hält und frei macht. Ein Kind Gottes bist Du, aus seiner Freiheit lebst Du.
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und
Sinne in Christus Jesus. Amen.